Computer Science Colloquium
Prof. Dr. Britta Schinzel
Universität Freiburg
Ethische Fragen der Informatik unter Berücksichtigung feministischer Positionen
Thu 19.05.2011, 16:30, 90 minutesUC 6
Abstract
Naive moralische Diskussionen ergehen sich üblicherweise im Spannungsfeld zwischen dem - bei komplexeren Problemen nicht erfüllbaren - Gebot von Hans Jonas, alle Folgen zu antizipieren, dem Messerargument (ein Messer kann zum Schneiden von Brot, aber auch zum Töten benutzt werden, daher liegt die moralische Entscheidung bei der BenutzerIn und nicht bei der EntwicklerIn) und dem pragmatischen Argument "wenn ich es nicht mache, dann macht es ein anderer". Dies ist jedoch unbefriedigend, weil die Argumente weder der durchaus geteilten Verantwortung von Herstellenden und Nutzenden gerecht werden, noch sie das Theorieangebot der philosophischen Ethik berücksichtigen.Fragen zur Ethik in der Informatik können einerseits (top-down) von der Betrachtung ethischer Theorien für eine konkrete Fragestellung abgeleitet werden, andererseits (bottom up) von diesen konkreten Problemen her aufgerollt werden. Die Theorien folgen im wesentlichen zwei Richtungen, den Regel basierten und den situationsorientierten, wozu auch feministische Ethiken gehören. In allen Fällen werden dabei keine eindeutigen Antworten zu finden sein. Vielmehr müssen beteiligte Personengruppen und ihre Interessen Berücksichtigung finden, die Konfliktlagen in diesen eruiert werden, um festzustellen welche ethischen Konflikte sich daraus ableiten lassen. Wichtig ist auch, sie von rechtlichen Fragen zu isolieren, um Entscheidungsfreiheiten von Zwängen trennen zu können. Die Verantwortungsdiskussion kann dann herausarbeiten, welche Antworten sich aus ethischen Theorien oder aus ethischen Leitlinien ergeben können und welche je unterschiedlichen Schlüsse daraus zu ziehen wären.
Bio
- Studium der Mathematik, Physik (auch Philosophie und Musik); Promotion in Mathematik (Algebraische Geometrie); Industrietätigkeit (Compiler-Compiler-Entwicklung), Habilitation in Informatik; venia legendi in Theoretischer Informatik.- 1981-1991 Professorin für Theoretische Informatik an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Forschung in Theorie des Lernens (auch Induktive Inferenz), Komplexitätstheorie, später in verschiedenen Feldern der "Künstlichen Intelligenz", z.B. Wissensbasierte Systeme, Konnektionistische Systeme, Natürlichsprachliche Systeme, Informatik und Gesellschaft. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Soziologie (Frauenforschung), Medizin ("Intelligenter" Hirnatlas, Bildverarbeitung in der Physiologie, Weiblicher Gehirnatlas), der Biologie (Konnektionismus, Weiblicher Hirnatlas), der Linguistik (Parser und Informationssystem für "grammatisches Telefon" und Korpus für Gefühlswortschatz, Lexikografischer Arbeitsplatz PARLEX), u.a.
- Seit 1991 Professorin für Informatik und Gesellschaft an der Universität Freiburg, http://mod.iig.uni-freiburg.de/index.php?id=8.
Invited by Univ. Prof. Dr. Gabriele Kotsis
The Computer Science Colloquium is organized by the Department of Coputer Science at JKU, the Österreichische Gesellschaft für Informatik (ÖGI) and the Österreichische Computergesellschaft (OCG).